Die häufige Schmerzempfindlichkeit der Wirbelsäule rührt
von den in der Tiefe ablaufenden chronischen Entzündungsprozessen
in diesem Bereich. Sie deuten einen schwelenden Konflikt um die Aufrichtigkeit
an, der zeigt, daß Aufrichtigkeit, sich stellen und Rückgrat
zeigen mit Schmerzen verbunden ist. Auch andere Schmerzempfindungen gehören
in diesen Zusammenhang. Viele Betroffene klagen über Fußschmerzen,
die anzeigen, wie schwer ihnen der Weg fällt, der meist nicht ihr
eigener ist. Die Fuß- und Beinschmerzen können sie wirklich
von den Beinen holen und verdeutlichen, wie schmerzlich es ist, den eingeschlagenen
Weg durchzustehen. Sie zwingen, sich herabzulassen, die eigene schmerzhafte
Schwäche anzunehmen. Daß immer noch behauptet wird, das Krankheitsbild
verlaufe ohne Schmerzen, muß in den Ohren darunter Leidender
(MS) makaber klingen.
Sensibilitätsstörungen drücken aus, daß die Betroffenen
in verschiedenen Bereichen von Körper und Seele nichts mehr spüren
und damit auch nichts mehr wahrnehmen. Selbst wenn ihnen der Arzt mit einer
Nadel zu Leibe rückt, realisieren sie das nicht. Sogar Dinge, die
sie direkt und gefährlich tangieren, ja zu verletzen drohen, nehmen
sie nicht mehr wahr, haben sie ausgeschaltet. Tatsächlich kann man
von einer Ausschaltung der Außenwelt und ihrer Wirkungen sprechen.
Solches Abschalten wird auch in anderen Symptomen deutlich wie der Abschwächung
der Reflexe, die bis zur völligen Reflexlosigkeit gehen kann. Reflexe
sind die einfachsten Antworten des Nervensystems auf Reize. Menschen ohne
Reflexe haben die ältesten ererbten Reaktionsmöglichkeiten auf
ihre Umwelt verloren bzw. aufgegeben. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes
reaktionslos. Wie sehr sie auch gereizt werden, sie bleiben stumm und antworten
im tiefsten Sinne nicht mehr auf das Leben und seine Anforderungen. Dem
entspricht die Apathie, die häufig phasenweise auftritt. Das Wort
»Apathie« geht in seiner wörtlichen Bedeutung noch einen
Schritt weiter, heißt es doch »Nicht-Leiden« (von griech.:
a = nicht und pathos = Leiden). Damit kennzeichnet es über die typische
Schlappheit hinaus die Weigerung, am Leben teilzunehmen und mitzuleiden.
Zwar versuchen die Patienten, allen alles recht zu machen, aber ohne innere
Anteilnahme. Wie sollen sie auch am Leben anderer teilnehmen, wo sie am
eigenen nicht recht mitfühlen, wie die Gefühlsstörungen
belegen. Taubheitsgefühle sind oft die ersten Symptome und können
so allmählich beginnen, daß den Betroffenen ihre Situation manchmal
erst spät bewußt wird.
Gepaart damit ist der fast immer auftretende Kraftverlust. Die Patienten
merken allmählich, daß sie alles sehr anstrengt und daß
alltägliche Tätigkeiten kaum mehr zu schaffen sind. Das Leben
ist im wahrsten Sinne des Wortes zu anstrengend geworden. Schließlich
können sie oft nicht mal mehr die Beine heben. Im übertragenen
Sinne bekommen sie die Beine auch nicht mehr hoch, die überwältigende
Schwäche verhindert Fortschritt und Aufstieg im Leben, trotz häufig
vorhandenen Ehrgeizes. Mit den nicht mehr tragenden Beinen signalisiert
der Körper, daß die Lebensbasis ihre Tragfähigkeit verloren
hat. Die äußere körperliche Lähmung ist Abbild der
inneren. Zuerst versuchen die Patienten häufig noch, sich durchs Leben
zu hangeln, indem sie nach jedem Halt und jedem Strohhalm greifen. Selbst
wenn sie im übertragenen Sinn längst am Stock gehen, verweigern
sie, solange es geht, die Hilfe durch solch ein drittes Bein, das die Lebensbasis
wieder erweitert. Wie der Stock kann sogar der mit soviel Schrecken umgebene
Rollstuhl eine enorme Erleichterung bringen, wenn sich die Patienten durchringen,
Hilfe anzunehmen.
Mangelnde Kraft bis zu Lähmungserscheinungen in den Fingern und
Händen zeigt, daß die Kraft fehlt, das eigene Leben in den Griff
zu bekommen. Auf beiden Ebenen kann nicht mehr zugepackt werden. Zu den
Lähmungserscheinungen paßt die innere Situation, die wie gelähmt
empfunden wird.
Häufig anzutreffende lähmende Müdigkeit paßt ebenfalls
zu diesem Bild. Manche Patienten schlafen bis zu 16 Stunden und verschlafen
damit mehr als das halbe Leben. Ihren Zustand nach dem späten Erwachen
beschreiben sie nicht selten als »wie betäubt«. Taubheit
für die Anforderungen des eigenen Lebens und seine Bedürfnisse
ist ein Charakteristikum. Die empfundene Abgeschlagenheit demonstriert,
daß man bereits abgeschlagen im Lebenslauf ist und ein Zieleinlauf
aus eigener Kraft kaum mehr zu erwarten ist. Zwar heißt es im Volksmund
Müdigkeit sei keine Krankheit, diese das ganze Leben vereinnahmende
Form geht aber über die natürliche, aus der Verausgabung der
Kräfte resultierende Müdigkeit hinaus. Offenbar schwingt hier
eine gehörige Portion in den Körper gedrängte Abwehr gegen
ein waches Leben mit.
Fragen
1.Warum bin ich so hart zu mir und gehe so hart mit anderen ins Gericht
und versuche dennoch, ihnen alles recht zu machen?
2.Wo versuche ich, meine Umwelt oder mich selber zu kontrollieren,
ohne dazu in der Lage zu sein?
3.Was gibt es in dieser Welt für Alternativen zu meinen unverrückbaren
Ansichten über das Leben, seine Moral und Ethik?
4.Wie könnte ich mir mein Leben erleichtern? Wo mehr Geduld mit
mir üben? Wie zu meiner Schwäche stehen, mich ihr stellen?
5.Was hindert mich, am Leben teilzunehmen? Was veranlaßt mich
abzuschalten? Was für Möglichkeiten habe ich, Streß, Überforderung
und Hektik zu begegnen?
6.Was lähmt meinen Seelenmut? Welcher Widerstand macht mich müde?
7.Warum betäube ich mich? Wo stelle ich mich taub? Wofür
bin ich blind?
8.Inwiefern richte ich meine Hauptenergie gegen mich selbst?
9.Wo kann ich die Seelenflut, die meine Blase beutelt, in meinem Leben
wahrnehmen? Wo sind Tränen überfällig, wo überflüssig?
10.Wie fähig bin ich, aufs Leben zu antworten und Verantwortung
zu tragen? Warum erfülle ich Erwartungen, statt auf mich zu hören?
Wie komme ich von Fremdbestimmung zu Eigen-verantwortung?
11.Wie gehören die Strömungen meiner Seele in einem Muster
zusammen? Was ist ihre natürliche Ordnung? Was gehört an erste
Stelle? Wie lassen sich äußere und innere Ordnung koordinieren?
12.Was hindert mich, dem Unberechenbaren und Wechselhaften meines Lebens
offen zu begegnen?
13.Wie kann ich mich unter Wahrung meiner seelischen Identität
ins große Ganze einfügen und den Sinn meines Lebens finden?