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Nordpol «erstmals seit Jahrmillionen eisfrei»

   London (dpa) - Zum ersten Mal seit 50 Millionen Jahren ist nach Angaben von Forschern in diesem Sommer die Eiskappe über dem Nordpol an einer Stelle geschmolzen. Wie die britische Zeitung «The Observer» am Sonntag berichtete, wurde die knapp zwei Kilometer große eisfreie Wasserfläche zufällig von Wissenschaftlern entdeckt, die an Bord des russischen Eisbrechers «Yamal» eine Touristen-Kreuzfahrt zum Nordpol begleiteten.

   «Ich weiß nicht, ob schon mal ein Mensch zum Nordpol gekommen ist, um da Wasser statt Eis vorzufinden», sagte Malcolm McKenna vom American Museum of Natural History. «Einige Leute, die die Klimaerwärmung noch immer als übertrieben abtun, dürften vielleicht aufwachen, wenn jetzt sogar der Pol zu schmelzen beginnt.»

   James McCarthy, Direktor des Museums für vergleichende Zoologie an der Harvard University, sagte: «Für uns war die weltweite Klimaerwärmung plötzlich sehr konkret.» Das Eis, durch das die «Yamal» fuhr, war demnach so dünn, dass das Sonnenlicht hindurchschien. Als das Schiff den Pol erreichte, war das Eis ganz verschwunden. Der Kapitän musste noch elf Kilometer weiter fahren, bevor das Eis so dick war, dass die Touristen aussteigen konnten.
 

 © Copyright dpa
bestätigt mit
http://rhein-zeitung.de/on/00/08/21/topnews/klima.html
vom 21.08.2000
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Sind große Eisplatten von der Antarktis ins Meer gerutscht?
Ja:

http://www.awi-bremerhaven.de/AWI/Presse/PM/Pics/Larsen-g.jpg

http://www.awi-bremerhaven.de/AWI/Presse/PM/pm02-1.hj/020319LarsenEisberg-d.html
 Große Eisberge an der antarktischen Halbinsel abgebrochen
 

Satellitenaufnahme des Larsen-Schelfeis an der antarktischen Halbinsel
(Quelle: ESA. Analyse: AWI und IMGI.)

Auswirkung einer lokalen Klimaerwärmung

Eisberge mit einer Gesamtfläche von 2600 Quadratkilometern (etwa so groß wie das Saarland) sind vor einigen Tagen vom nördlichen Larsen-Schelfeis an der antarktischen Halbinsel abgebrochen. Das zeigen Satelliten-Aufnahmen, die vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung und vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck (IMGI) ausgewertet werden. Dieser natürliche Vorgang wurde beschleunigt durch eine Klimaänderung, die jedoch nur im nördlichen Bereich der antarktischen Halbinsel beobachtet wird.

Das Schelfeis geht zurück
Schelfeise sind auf dem Meer schwimmende Eisplatten, die vom Inlandeis gespeist werden. Sie sind zwischen 200 und 1000 Meter dick und fest mit den Inlandeis verbunden. Gewöhnlich fließt genauso viel Eis von der Landseite her nach wie durch das Abbrechen (Kalben) von Eisbergen auf der Seeseite verloren geht. Doch das Larsen-Schelfeis, das sich in einer Bucht auf der Ostseite der antarktischen Halbinsel (66 – 64 Grad Süd, 60 Grad West) befindet, wird seit Jahren immer kleiner. Seit 1986 ging die Gesamtfläche von 15500 Quadratkilometer auf nunmehr 4500 Quadratkilometer zurück. Das ist ein außerordentliches Ereignis. Eine Kälte-Periode von zumindest 500 Jahren wäre notwendig, um diese Eismassen zu ersetzen.

Lokale Erwärmung
Verantwortlich für den drastischen Rückzug ist eine signifikante Klimaänderung, die jedoch nur im Bereich der antarktischen Halbinsel beobachtet wird. Die mittlere Sommertemperatur in diesem Gebiet liegt nahe null Grad Celsius. Durch den starken regionalen Temperaturanstieg um etwa zwei Grad während der letzten dreißig Jahre kam es immer häufiger zu Schneeschmelzen. Das Schmelzwasser begünstigt die Entstehung von Rissen im Schelfeis, die im Laufe der Jahre wachsen. Die starken Westwinde in dieser Gegend lösen schließlich das Kalben der Eisberge aus. Der Meeresspiegel steigt dadurch nicht an, weil schon das Schelfeis im Wasser schwimmt.

Interessant für die Forschung
Das Larsen-Schelfeis ist für die Forschung besonders interessant, weil an ihm erstmals das Schwinden eines Schelfeises detailliert studiert werden kann. So haben Untersuchungen am Larsen-Schelfeis gezeigt, dass die dahinter fest aufliegenden Gletscher ohne vorgelagertes Schelfeis schneller abfließen und so zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen können.

Erstmals möglich wurde die detaillierte Beobachtung durch die Radartechnik der europäischen Fernerkundungssatelliten ERS-1 und ERS-2, die durch die Wolkendecke hindurch Aufnahmen des Schelfeises lieferten. Zusätzlich wurden Messungen am Schelfeis selbst vom IMGI in Kooperation mit dem argentinischen Antarktisinstitut durchgeführt.
 
 

Bremerhaven, den 19. März 2002
Und nochmal sowas in Englisch:
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http://www.jpl.nasa.gov/images/earth/antarctica/captions/larsen.txt:
MEDIA RELATIONS OFFICE
JET PROPULSION LABORATORY
CALIFORNIA INSTITUTE OF TECHNOLOGY
NATIONAL AERONAUTICS AND SPACE ADMINISTRATION
PASADENA, CALIF. 91109.  TELEPHONE (818) 354-5011
http://www.jpl.nasa.gov
 

Das Larsen Ice Shelf: 
Gelb ist 1975
Rot ist 1995
Blau ist 1997

Den oberen roten Teil nannte man Larsen A,
den unteren blauen/roten Teil Larsen B.

IMAGE CAPTION
     Larsen Ice Shelf
     February 20, 2001

This sub-image of the Antarctic Peninsula from the 2000 Antarctic Mapping Mission focuses on the northern end of the Larsen Ice Shelf.  The blue line shows the coastline in 1997, the red line
in 1992, based on synthetic aperture radar imagery from the European Space Agency, and the yellow line in the mid-1970s. The northern Larsen has been retreating since the 1960s, with major
collapses in the 1990s. The southern Larsen was advancing until a major collapse in 1995. Small areas, however, also show advancement since 1997, including a section near the Sobral Peninsula in the center of the image. These advancements may indicate early rebuilding of the overall extent of the Larsen Shelf.

The two RADARSAT mosaics from 1997 and 2000 Antarctic imaging campaigns provide highly accurate snapshots of this rapidly changing region of the greater Antarctic continent.

The Antarctic Mapping Mission is a joint project between NASA and the Canadian Space Agency. The project is led by Ohio State University in Columbus in partnership with the Alaska Synthetic
Aperture Radar (SAR) Facility at the University of Alaska Fairbanks, NASA's Jet Propulsion Laboratory, Pasadena, Calif., and the Vexcel Corporation, Boulder, Colo. The Canadian Space
Agency's RADARSAT-1 satellite carries a synthetic aperture radar, an imaging radar sensor that operates at C-band (5.3 GHz frequency) with horizontal transmit-horizontal receive
polarization from an orbital altitude of about 800 kilometers (500 miles). The 1997 Antarctic Mapping Mission took place between Sept. 19 and Oct. 14 and mapped the entire Antarctic
continent. The 2000 Antarctic Mapping Mission lasted from Sept. 3 to  Nov. 4 and obtained complete coverage of Antarctica north of 82 degrees south latitude.

Photo Credit: Canadian Space Agency/NASA/Ohio State University,
Jet Propulsion Laboratory, Alaska SAR Facility
 

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http://www.jpl.nasa.gov/images/earth/antarctica/icesheet_caption.jpg

Earth - Antarctica Images
JPL Image Use Policy

   2002 Image Releases
Antarctica

August 30, 2002
Antarctica

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Press Release

Recent NASA airborne measurements and a new NASA review of space-based data on the thickness of Earth's polar ice sheets concludes they are changing much more rapidly than previously believed. A prime example was the collapse of the northern section of the Larsen B ice shelf, a large floating ice mass on the eastern side of the Antarctic Peninsula. Between February and March 2002, following unprecedented warming over the last 50 years, 3,200 square kilometers (1,236 square miles) of 250-meter (820-foot) thick ice in Larsen B disintegrated into thousands of small tabular icebergs, like those observed on the right side of this photograph. In terms of volume, the amount of ice release in this brief time was 730 billion tons. The left side of the photo shows the remaining strip of ice shelf near Seal Nunataks. Because the ice is already afloat, its disintegration does not affect sea level, but it will if the ice held back by the ice shelf starts to flow faster. Such a flow acceleration has been detected further north, following the disintegration of the Larsen A ice shelf. Scientists are interested in learning more about how polar ice sheets evolve and how they affect global sea level rise, ocean circulation and Earth's climate.

Photo courtesy of Dr. Pedro Skvarca, Glaciology Division, Instituto Antartico Argentino, Argentina

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Zur Übersicht, wo das überhaupt ist: Das Larsen Ice Shelf befindet sich links. Das Ross Ice Shelf, das angeblich vom Larsen Shelf vorm Abrutschen gehalten wird, ist unten und KANN ÜBERHAUPT  NICHT vom Larsen Shelf gehalten werden!
http://www.jpl.nasa.gov/images/earth/antarctica/icesheet_map1_browse.jpg

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Eine Aufnahme des Ross Ice Shelfs vom 16.August 2004. Mehrere Eisberge B-15 und C-16 sind zu sehen, sowie ein Riss, der daraufhin deutet, dass sich ein weiterer großer Eisberg wie B-15A ablöst. Die Minuszahlen geben die Eistemperatur an.
http://ice.ssec.wisc.edu/ice_images/icebergs/ross/2004/ROS04229F.JPG

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Hier Aufnahmen des o.a Eisbergs B-15A vom 22.3.2000. So lange schon befindet sich diese 295 km lange und 37 km breite Eismasse immer noch bei der Antarktis.
http://www.news.wisc.edu/newsphotos/images/ROS00081b400.jpg

Massive iceberg breaks off Ross Ice Shelf
(Posted: 3/22/2000)

Terry Devitt
 

Courtesy the Antarctic Meteorological Research Center

A massive iceberg, perhaps the largest on record, has broken free from the Antarctic's Ross Ice Shelf. This image, taken from 700 kilometers in space by the National Oceanic and Atmospheric Administration's NOAA-12 polar-orbiting satellite, shows the iceberg's margins as it breaks free from the Ross marine ice shelf. The iceberg, measuring 295 kilometers in length and 37 kilometers wide, encompasses an area of about 11,000 square kilometers, roughly the size of Connecticut.

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http://www1.ncdc.noaa.gov/pub/data/images/iceberg-antarctica-20000518-n15ch3.jpg

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Hier kann man sehen wie sich der Eisberg C-16 im Dezember 2000 löste und im Dezember 2001 wieder vom Packeis eingeschlossen wurde, während B-15A sich drehte:
http://www2.jpl.nasa.gov/pub/images/browse/ross_1227_arrows_browse.jpg

Diese Dokumentation soll jetzt nicht Drunvalos Aussagen verniedlichen, denn die Gefahr durch das abgeschmolzene Süßwasser für z.B. den Golfstrom durch die Eisberge in der Antarktis, jedoch erst recht durch die geschmolzene Eismasse am Nordpol ist beträchtlich! Es kann gut möglich sein, dass der Golfstrom zum Erliegen kommt!
Jedoch wird sich das Ross Ice Shelf NICHT ablösen und es wird kein Anheben des Meeresspiegels um 5-6m erfolgen. Jedoch kann die Dürre oder Eiszeit eintreten!

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Gab es große Waldbrände in Alaska?
Ja:
http://www1.ncdc.noaa.gov/pub/data/images/fires-alaska-20040630-n16rgb.jpg

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Zur Errichtung einer High-Tech-Mauer der USA gegen Mexiko finden sich hier Berichte von 2002 und 2003, die sich jedoch nicht auf eine bevorstehende Klimakatastrophe gründen sondern auf den Ausländer-Angriff auf das WTC und darauf, dass 70% aller illegalen Einwanderer (1,6 Millionen von 1996-2000) über MEXIKO in die USA gelangen.
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/11681/1.html
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/14705/1.html
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Der Golfstrom ist tatsächlich langsamer geworden, von 1950 bis jetzt um 20%. Auch der "Pentagon-Bericht" existiert, wie spätestens Roland Emmerich im Interview mit der Süddeutschen Zeitung bestätigt.
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http://www.gipfeltreffen.at/showthread.php?t=1071
Zusammenfassung eines BBC-Berichts
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http://science.orf.at/science/news/85267
Kurzzusammenfassung, in dem auch das Aussetzen des Golfstroms erwähnt wird
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http://www.astro.uni-bonn.de/~deboer/pdm/pdminstklimatxt.html
Uni Bonn: Zusammenhang zwischen Sonnenzyklen und Globaltemperatur sowie Kohlendioxyd und Temperatur, Kurze Erwähnung, dass seit 1950 die Geschwindigkeit des Golfstroms um 20% geringer geworden ist.
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http://www.greenpeace.org/deutschland/?page=/deutschland/fakten/klima/extreme-wettereignisse-nehmen-zu/the-day-after-tomorrow--the-day-is-today-
Autor/in: Karsten Smid | 11.08.2004 | 1831 Wörter
Der Film "The Day After Tomorrow" ("Übermorgen") von Regisseur Roland Emmerich stellt die extremsten der möglichen Auswirkungen des Klimawandels dar: Ein globaler Supersturm lässt innerhalb von Stunden die gesamte nördliche Erdhalbkugel gefrieren. Hagelkörner von der Größe einer Grapefruit erschlagen Menschen in den Straßen von Tokio, eine riesige Flutwelle rast auf New York zu, Wirbelstürme verwüsten Hawaii, Neu-Delhi versinkt im Schnee. Die Welt stürzt in eine Eiszeit.

Alles nur Hollywood? Nein. Der Film basiert auf wissenschaftlichen Fakten. Die Veränderungen werden zwar übertrieben und zeitlich sehr komprimiert dargestellt, auch eine globale Eiszeit ist unwahrscheinlich. Sicher ist aber: Die Zahl der Wetterextreme nimmt immer weiter zu. Der reale Klimawandel findet genau jetzt statt.

Abreißen des Golfstroms
Schmelzen der Pole
Schrumpfende Gletscher
Überschwemmungen
Tornados und Orkantiefs
Unwetter und Hagelstürme
Steigende Temperaturen, Dürrekatastrophen und Feuer
Für ein Übermorgen ohne Klimakatastrophe
 

Abreißen des Golfstroms
Als Golfstrom wird die starke, warme Oberflächenströmung bezeichnet, die parallel zur Ostküste der USA bis in den offenen Atlantik Richtung Nord- und Mitteleuropa verläuft. Durch diese Warmwasserströmung genießt Nord-/Westeuropa - im Vergleich zu anderen Gebieten derselben geographischen Breite - ein ungewöhnlich mildes Klima, etwa fünf bis zehn Grad ist es hier in Deutschland durch den Golfstrom im Durchschnitt wärmer. Das Wasser sinkt nach Abkühlung in den nördlichen Breiten in tiefere Schichten und strömt wieder südwärts, der Kreislauf schließt sich.

Passate aus östlichen Richtungen und die Westwinde mittlerer Breiten sowie die Erdrotation zwingen den Wassermassen eine Bewegungsrichtung auf. Der eigentliche Antrieb der atlantischen Zirkulation liegt aber im nördlichen Bereich der Schleife. Niedrige Temperaturen kühlen hier das Wasser ab. Durch die Bildung von Meereis wird dem Meerwasser Süßwasser entzogen, das verbleibende Meerwasser hat im Verhältnis einen entsprechend höheren Salzgehalt. Das Wasser ist im Bereich der Arktis also nicht nur kälter, es ist auch wesentlich salzhaltiger. Beide Aspekte erhöhen das spezifische Gewicht des Wassers, es sinkt ab und zieht damit weitere Wassermassen des Golfstroms nach. Die Zirkulation wird wesentlich durch Unterschiede in Temperatur (thermal) und Salzgehalt (halin) bestimmt, deshalb wird der Golfstrom auch als thermohaline Zirkulation bezeichnet.

In der gegenwärtigen klimatischen Situation ist dieser Mechanismus eine sich selbst aufrecht erhaltende Pumpe. Durch die Klimaerwärmung würde es zu einem erhöhten Frischwassereintrag kommen, z.B. durch Abschmelzen der Eismassen an Land oder durch stärkere Niederschläge. Dieses kann, ebenso wie das Ausbleiben des Meereises, den Salzgehalt des Meerwassers verringern. Das Wasser sinkt nicht mehr in die Tiefe, der Antriebsmechanismus wird gestört. Kommt der Wärmekreislauf zum Erliegen, reißt der Golfstrom ab. Die Temperaturen in Nordeuropa würden rapide sinken.

Besonders Besorgnis erregend ist, dass Wissenschaftler bereits eine Abschwächung des Golfstroms beobachtet haben. Noch reichen die Daten aber für eine exakte Analyse nicht aus. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Strömung sich verlangsamt. Das sind beunruhigende Hinweise auf die enormen Folgen des Klimawandels.

Doch selbst, wenn der Golfstrom vollständig zum Erliegen kommt, wäre die Folge nicht eine derart massive weltweite Abkühlung wie in "The Day After Tomorrow". Denn die wichtigste Energiequelle für die Erde ist die Sonne. Veränderte Meeresströmungen können aber regionale Klimaveränderungen bewirken.

Schmelzen der Pole
Die polaren und subpolaren Klimazonen sind besonders anfällig für kleinste Temperaturänderungen. Im Jahr 2003 brach auf Ellesmere Island in Kanada die Ward-Hunt-Eisplatte nach 3.000 Jahren plötzlich in zwei Teile. 2002, als Roland Emmerich gerade "The Day After Tomorrow" drehte, zerbrach die Larsen-B-Eisplatte in der Antarktis. Das Bersten dieser Eisplatte von etwa 3.200 Quadratkilometern führen Wissenschaftler ebenfalls auf Klimaveränderungen zurück.

Die Anzeichen des Klimawandels sind in der Arktis überall sichtbar. Gletscher schrumpfen, das Meereis schmilzt. Die Eismassen von Grönland gehen zurück. Die dauerhaft zugefrorene Eisdecke nimmt seit 30 Jahren jedes Jahrzehnt um drei Prozent ab. Die Eisdecke ist um bis zu 40 Prozent dünner geworden. Der Permafrostboden taut auf. Diese Veränderungen in der Arktis wirken sich auf die gesamte Erde aus, da die Polarregionen eine wesentliche Rolle für das weltweite Temperaturgleichgewicht spielen.

Und die Polargebiete reagieren sehr empfindlich auf leichte Temperaturerhöhungen. Neben der Umgebungstemperatur spielt hier die Wärmeabstrahlung der Oberfläche (Albedo) eine wichtige Rolle. Eine Eisdecke hat einen Albedo von etwa 0,85, d.h. fast das gesamte Sonnenlicht wird reflektiert und trägt kaum zur Erwärmung der Oberfläche bei. Eisfreie Stellen mit Meerwasser sehen von oben dunkelschwarz aus und haben einen Albedo von etwa 0,07. Diese Stellen reflektieren viel weniger Wärme und erwärmen sich dadurch wesentlich stärker. Je mehr Wärme die Eisoberfläche aufnimmt, umso schneller schmilzt sie. Je mehr Eis schmilzt umso mehr Wärme nimmt das arktische Eis auf. Ein Teufelskreis.

Schrumpfende Gletscher
Seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1980 haben allein die Alpengletscher etwa ein Drittel ihrer Fläche und die Hälfte ihrer Masse verloren. Seit 1980 sind nach wissenschaftlichen Schätzungen weitere 20 bis 30 Prozent des Eisvolumens abgetaut. Das liegt jedoch, so Schweizer Wissenschaftler, nicht an den kurzzeitigen Hitzeperioden. Denn auf eine plötzliche Erwärmung würde das Eis nur mit einer Abnahme der Dicke reagieren. Der Umfang des gesamten Eises nimmt dagegen nur ganz allmählich ab. Das Verschwinden der Gletscher spiegelt also einen langfristigen Klimawandel wieder.

Überschwemmungen
Sowohl die Zunahme des Regens als auch das Schmelzen der Gletscher in den Polarregionen lassen den Meeresspiegel ansteigen. Wissenschaftler sagen bis 2100 einen Anstieg des Meeresspiegels um bis zu 88 Zentimeter, für die nächsten 1000 Jahre gar um bis zu sechs Metern voraus. Dadurch würden weltweit kleinere Inseln überschwemmt und Küstengebiete überflutet werden.

In den letzten 100 bis 150 Jahren ist der Meeresspiegel bereits um 10 bis 25 Zentimeter gestiegen, maßgeblich durch die Ausdehnung des Wassers, da es wärmer geworden ist. Die schmelzenden Gletscher haben an dem Anstieg einen Anteil von ca. zwei bis fünf Zentimetern.

Klimawissenschaftler warnen, dass auch der norddeutsche Küstenraum betroffen sein wird. Die Klimaänderung führt einerseits zu einer Vergrößerung des Tidehubs. Bedroht sind die Küstenländer aber vor allem durch den Druck der Wassermassen, die bei Stürmen auf die Deiche wirken. Nach den aktuellen Wetterereignissen im westeuropäischen Bereich erscheint es durchaus möglich, dass Sturmflutwasserstände eintreten, die bis zu zwei Meter über den bisher beobachteten Höchstständen liegen. Das im Dezember 1999 über die Nordsee und Dänemark gezogene Sturmtief "Anatol", dort der bislang stärkste Orkan des Jahrhunderts, hätte bei einer südlicheren Zugbahn über die Deutsche Bucht nach Einschätzung des Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) im Bereich von Hamburg zu zwei Meter höheren Wasserständen, als bei sonstigen Sturmfluten führen können. Dann hätten große Teile Norddeutschlands unter Wasser gestanden.

Tornados und Orkantiefs
Die Vereinten Nationen (UN) prognostizieren mehr Tornados als Resultat der globalen Erderwärmung. Im Mai 2003 litten die USA unter der Rekordzahl von 562 Tornados, 41 Menschen kamen dabei ums Leben. Im März 2004 suchte erstmalig ein Wirbelsturm im Südatlantik Brasilien heim, mit Windstärken um 140 km/h. Aufgrund der atmosphärischen Bedingungen schien das Entstehen von Wirbelstürmen in dieser Region zuvor unmöglich. Wissenschaftler hatten sie jedoch bereits als Folge des Klimawandels vorausgesagt.

Tropische Wirbelstürme kommen in drei Regionen der Erde vor: In Mittel- und Nordamerika werden sie Hurrikans genannt, hier sind insbesondere die karibischen Inseln und die südliche Ostküste der USA gefährdet. In Asien heißen sie Taifune, zu den am stärksten gefährdeten Regionen zählen hier die Philippinen, Japan und die Ostküste Chinas einschließlich Taiwans. Die "Zyklone" genannten Wirbelstürme im Golf von Bengalen verursachen jährlich große Schäden in Bangladesch.

Hurrikans entstehen, wenn große Temperaturdifferenzen in der Atmosphäre auftreten. Die zerstörerischen Wirbel entwickeln sich durch die Verdunstung riesiger Wassermengen über Meeren bei Wassertemperaturen über 27 Grad Celsius. Die erwärmte, feuchte Luft steigt in Form einer großen Spirale auf.

Überall, wo feuchte Tropenwinde über weite Kontinentflächen wehen, können Tornados entstehen. Tornados bilden sich auf Grund von Druckgegensätzen zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten. In den USA dauert die Tornado-Saison hauptsächlich vom März bis Juni. Warme, feuchte Luftmassen entwickeln sich zu einem mächtigen Aufwind. Die aufsteigende Luftsäule bildet einen Trichter. Wenn sich der Trichter verengt, bildet sich der Tornado. Je enger der Trichter desto mehr Fahrt nimmt der Tornado auf.

In Mitteleuropa entstehen die Tornados durch Scherwinde, vor allem wenn ein starker Höhenwind auf einen aus der anderen Richtung wehenden Bodenwind trifft. Auch in Deutschland gibt es Beispiele von verheerenden Tornados. Zuletzt deckte ein Tornado im Januar 2004 Dächer ab und verwüstete die Kleinstadt Drochtersen bei Stade. Im Juli 1968 wütete sogar ein Tornado der Stärke F4 in Pforzheim und verletzte über 200 Menschen.

Über Deutschland fegten im Dezember 1999 und im Mai 2000 die verheerenden Stürme "Anatol", "Lothar" und "Ginger" und verursachten schwere Schäden. Wissenschaftler des Deutschen Wetterdienstes haben die jährliche Anzahl von Orkantiefs mit einem Kerndruck von 950 hPa ausgewertet. Diese intensiven Tiefs zeigen nach einem sehr geringen Vorkommen gegen Ende der Siebziger Jahre eine markante Häufung in den Neunziger Jahren.

Unwetter und Hagelstürme
Blitze und tennisballgroße Hagelkörner sind in Europa keine Seltenheit. Immer wieder bilden sich bei Unwetterfronten Hagelkörner, die Autoblech ruinieren, Fenster zerschlagen und Menschen verletzen. Besorgnis erregender ist aber die Zunahme von Unwettern und extremen Starkregenfällen.

Im Sommer 2002 sorgten sintflutartige Regenfälle für ein "Jahrhunderthochwasser" an der Elbe. In der Nähe von Dresden fielen innerhalb von 24 Stunden über 300 Liter Regen pro Quadratmeter. Eine riesige Flutwelle der Elbe und ihrer Nebenflüsse verwüstete ganze Landstriche und führte zu extremen Schäden (insgesamt 15 Mrd. Euro).

Britische und UN-Wissenschaftler prognostizieren, dass bis zum Jahr 2080 weltweit 94 Millionen Menschen jährlich von Flutwellen bedroht sind. Flutartige Überschwemmungen, so der "Intergovernmental Panel on Climate Change" (IPCC, "Zwischenstaatlicher Beirat zum Klimawandel" der UN), werden die Zerstörung von Besitz, Bodenerosion, die Verbreitung von Schadstoffen, Gesundheitsrisiken und Todesfälle zur Folge haben.

Grund ist, dass mit der Erderwärmung auch die Verdunstung über den Ozeanen zunimmt. Die wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Der Kreislauf zwischen Verdunstung und Niederschlag beschleunigt sich, die Luftdruckgegensätze werden größer. Die Energie steigt und entlädt sich schließlich in Form von Unwettern und Stürmen. Das Volumen eines Gewitters besitzt Energiemengen, für die ein Atomkraftwerk mehrere Tage produzieren muss.

Steigende Temperaturen, Dürrekatastrophen und Feuer
Wissenschaftler der britischen Regierung erklärten, dass die Hitzeperiode in Europa im Jahr 2003 nicht auf natürliche Ursachen zurückzuführen sei. Tausende Menschen starben damals durch die höchsten Temperaturen seit 500 Jahren. In Europa verursachte die Dürre Ernteschäden in der Landwirtschaft in der Höhe von 10 Milliarden Euro.

Portugal erlebte in diesem Jahr die gewaltigsten Waldbrände seit Jahrzehnten. Ein Viertel der Waldgebiete des Landes waren ernsthaft in Gefahr, nachdem die Temperaturen den größten Teil des Juli über 30°C gelegen hatten. Im Süden Bosniens tobte ein Feuer drei Tage lang in der Nähe von Mostar. Im Oktober verursachten Waldbrände in Kalifornien Versicherungsschäden in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar (1,7 Milliarden Euro). Weitere katastrophale Waldbrände wüteten in Australien, im Westen Kanadas und im Südwesten Frankreichs.

Für ein Übermorgen ohne Klimakatastrophe
Die Daten sind alarmierend: Der Klimawandel hat begonnen, wir bekommen seine gefährlichen Auswirkungen immer öfter zu spüren. Und die Zukunftsprognosen sagen noch weitaus Schlimmeres voraus. Welche Folgen genau eintreten werden, lässt sich nicht im Detail voraussagen. Sicher ist jedoch: Je mehr Kohlendioxid wir in die Atmosphäre blasen, je wahrscheinlicher werden dramatische Folgen.

In "The Day After Tomorrow" führt der Klimawandel zu einer gewaltigen Katastrophe. Aber dieses Übermorgen beginnt heute und noch können wir den Schluss selbst schreiben.

Heute können wir uns noch für Umwelt schonende Energien entscheiden. Heute können wir die endgültigen und verheerenden Folgen des Klimawandels noch verhindern. Übermorgen kann es dafür schon zu spät sein.
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"US Klimapolitik ist größere Bedrohung als Terrorismus"

Aus www.sonnenseite.com:

Pentagon-Studie: Klimawandel gefährlicher als Terrorismus + 24.02.2004 + Eine bisher nicht veröffentlichte Studie des US-Verteidigungsministeriums sieht die Gefahren des Treibhauseffektes für die internationale Politik größer an als die Gefahren durch den Terrorismus.

"Rasche Klimaveränderungen", so die Pentagon-Studie, welche die englische Zeitung "Observer" veröffentlichte, "kann die Welt an den Rand der Anarchie bringen." Länder der sogenannten Dritten Welt könnten ihre schwindenden Nahrungs-, Wasser- und Energiereserven mit Atombomben zu verteidigen versuchen.

Die US-Studie meint deshalb: "Klimaveränderungen müssen sofort zum herausragenden Thema für Politik und Militär werden", weil sonst Konflikte, Kriege und Spaltungen zu beherrschenden Themen der Weltpolitik würden.

Es sei "wahrscheinlich", dass in Nordeuropa künftig im Winter sibirische Kälte herrschen werde. In Kalifornien werden "gewaltige Stürme zurZerstörung der Wasserversorgung führen. Millionen Umweltflüchtlinge aus dem Süden würden versuchen, in die reichen Nordstaaten zu kommen. Schließlich prognostiziert die Studie, dass schon im Jahr 2020 "der katastrophale Energie- und Wassermangel zu Verteilungskriegen" führen werden.

Der "Observer" berichtet, die Studie sei vor vier Monaten fertiggestellt, bisher geheimgehalten und jetzt der Zeitung zugespielt worden. Wenn US-Journalisten nicht total schlafen, dann wird aus dieser Studie ein wichtiges Wahlkampfthema. Darüber zu streiten, würde sich wirklich lohnen.

BEE-Pressemitteilung 23.02.04

BEE zur Pentagon-Studie:

Klimaschutz nur mit Erneuerbaren Energien möglich – USA offenbar vor Politikwende

„Das Pentagon gibt dem alten Europa Recht". Mit diesem Urteil kommentiert Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), die neue Gefahrenstudie des USVerteidigungsministeriums.

Das Gutachten stuft die Gefahren, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden, als größere Bedrohung ein, als etwa die internationale Terrorismusgefahr.

Lackmann: „Umweltkatastrophen, steigende Armut und der Kampf umEnergieressourcen werden das Konfliktpotenzial der Zukunft sein. Der Zeitdruck steigt, Öl, Gas, Kohle und Kernenergie durch erneuerbare Energien zu ersetzen"

Das Pentagon befürchtet für dieses Jahrzehnt bereits Unwetter, die zu Überschwemmungen in den Niederlanden und Kalifornien führen. Nach 2010 wird mit massiven Hungersnöten und militärischen Konflikten in Indien, Indonesien und Afrika gerechnet. In weiten Teilen Afrikas und Südamerikas führe die zunehmende Wasserknappheit zu Konflikten. Angesichts von Ressourcenkämpfen werde der Einsatz von Atomwaffen wahrscheinlicher. „In Deutschland sind wir mit dem Ausbau erneuerbarer Energien auf dem richtigen Weg", so Lackmann. Allerdings müsse das Tempo hierzulande und inder EU noch gewaltig verstärkt werden. „Bis 2050 muss mindestens die Hälfte unseres Strom-,Wärme- und Treibstoffbedarfes aus erneuerbaren Energien stammen."

Der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat hat dies offensichtlich auch schon erkannt. John F. Kerry proklamiert, bis zum Jahr 2020 schon 20% des US-amerikanischen Strombedarfes aus erneuerbaren Energien zu decken. In diesem Zeitraum würden laut Kerry durch die sauberen Energien 1,3 Millionen neue Jobs geschaffen werden.

Lackmann: „Endlich beginnt auch in der US-amerikanischen Politik das Umdenken in der Energiepolitik.

Deutschland hat momentan die weltweite Vorreiterrolle beim Ausbau der Erneuerbaren Energien." An die Politik, die in den nächsten Wochen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG) entscheiden muss, stellt Lackmann die Erwartung, diese Führungsrolle weiter auszubauen.

Aus Germanwatch:

Blairs Chefwissenschaftler attackiert die US-Klimapolitik "US-Klimapolitik ist größere Bedrohung als Terrorismus"

Der Widerstand der wegen der geringen Fortschritte im internationalen Klimaschutz besorgten Staaten gegen die Bremser wächst. In Großbritannien wendet sich Sir David King deutlich gegen die Tatenlosigkeit dieser Staaten.Germanwatch übersetzt gekürzt einen Beitrag im Independent vom 9.1.04.

"Tony Blairs Chefwissenschaftler hat Präsident George Bush scharf dafür angegriffen, dass dieser bei der Behandlung des Klimawandels - den er als ernsteres Problem als den Terrorismus bezeichnet - versagt habe. Sir David King, wissenschaftlicher Chefberater der Regierung sagt heute in einem Artikel in der Zeitschrift Science, dass Amerika als weltweit größter Umweltverschmutzer die Bedrohung der globalen Erwärmung ernster nehmen muss.

'Meines Erachtens ist der Klimawandel das größte Problem, dem wir heute gegenüber stehen, sogar größer als die Bedrohung durch den Terrorismus', meint Sir David und fügt hinzu:

Die Bush-Administration traf eine falsche Entscheidung, als sie sich aus dem Kyoto-Protokoll, dem internationalen Versuch, die Treibhausgasemissionen zu beschränken, zurückzog und andeutete, das Protokoll könne der US-Wirtschaft schaden. 'Als weltweit einzig verbleibende Supermacht sind es die Vereinigten Staaten gewöhnt, international koordinierte Aktionen zu führen.

Aber die US-Regierung schafft es nicht, die Herausforderung der globalen Erwärmung anzugehen. Die Strategie der US-Administration basiert vor allem auf marktlichen Anreizen und freiwilligem Handeln...aber der Markt kann weder entscheiden, dass eine Emissionsminderung notwendig ist, noch kann er den grundlegenden internationalen Rahmen einrichten, in dem alle Akteure ihren Platz finden können.' Ergebnisse einer bedeutenden Studie zeigten gestern, dass mehr als eine Million Arten aufgrund der globalen Erwärmung in den nächsten 50 Jahren aussterben werden. Sir David meint, die Bush-Administration läge falsch, die Realität der globalen Erwärmung zu bestreiten. Die 10 heißesten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen begannen 1991, und weltweit stiegen die Durchschnittstemperaturen um 0,6°C während des letzten Jahrhunderts. (...)

'Wenn wir die CO2-Konzentration der Atmosphäre auf einem realistisch erreichbaren und relativ niedrigen Niveau stabilisieren könnten, gäbe es noch gute Chancen, die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.' (...)

'Maßnahmen auf Jahrzehnte oder selbst nur Jahre aufzuschieben, ist keine ernsthafte Option. Ich bin fest überzeugt: wenn wir nicht jetzt beginnen, werden später substantiellere, einschneidendere und teurere Veränderungen nötig sein.'

Großbritannien hat sich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis ungefähr 2050 gegenüber 1990 um 60% zu verringern und glaubt, dass andereIndustrieländer wie die USA dem folgen sollten. (...)

Eine Sprecherin des amerikanischen Außenministeriums sagte, sie sei nicht in

der Lage, den Artikel von Sir David direkt zu kommentieren."
http://www.naturfreunde-holzgerlingen.de/umweltnews/seitenumweltnews/klima.html
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Aus:
http://www.naturfreunde-holzgerlingen.de/umweltnews/seitenumweltnews/klima.html
Roland Emmerich über "The Day After Tomorrow" in der Süddeutschen Zeitung (CS) - Samstag, 5. Juni 2004

"Ich bin nicht so naiv wie meine Filme" (Von Alexander Gorkow)

SZ: Herr Emmerich, haben Sie schon mit amerikanischen Journalisten über Ihren Film gesprochen?

Roland Emmerich: Ja. Warum?

SZ: Wie waren die Reaktionen?

Emmerich: Sehr politisch. Normalerweise mache ich drüben die Erfahrung, dass die Medien zwischen dem Film und der Politik, die ein Film transportieren mag, klar unterscheiden. Das ist mit diesem Film offenbar anders. Die Reaktion in den USA ist jetzt schon, nun ja, wirklich gewaltig.

SZ: Sie haben einen Film für 125 Millionen Dollar gedreht, der vor allem in den USA sein Geld wieder einspielen muss. In diesem Film aber ist der US-Vize-Präsident ein Ignorant, der US-Präsident erfriert, und die letzten Amerikaner fliehen am Ende ausgerechnet nach Mexiko.

Emmerich: Ja.

SZ: Sind Sie wahnsinnig?

Emmerich: Die Frage habe ich mir - ganz ehrlich - immer wieder gestellt. Ich habe sie mir konkret vor drei Tagen gestellt. Als ich erstmals den fertigen Film sah.

SZ: Hat er Ihnen gefallen?

Emmerich: Hat er Ihnen gefallen?

>SZ: Oh, er hat mir gefallen. Er hält in diesem ruhigen Rhythmus wirklich hinreißende Bilder bereit. Aber ich bin kein Filmkritiker, wie hat er denn nun Ihnen gefallen?

Emmerich: Gar nicht. Was nicht heißt, dass er schlecht ist.

SZ: Es gibt jetzt schon viele Menschen, die sagen, es sei Ihr intimster und am besten erzählter Film - also mal abseits der großflächigen Kinomalerei.

Emmerich: Ich weiß. Und es freut mich. Aber mir gefallen meine eigenen Filme bei der Abnahme nie. Ich bin dann immer deprimiert. Ich sehe da laufend Sachen, die ich gerne schnell noch ändern würde.

SZ: Man könnte sagen, dass Sie mit diesem Film gegen den Weltuntergang anarbeiten - und aber durchaus mit dem Selbstuntergang spekulieren, oder?

Emmerich: Vielleicht. Ja.

SZ: Es scheint Sie aber nicht weiter zu beunruhigen. Sie haben so gute Laune.

Emmerich: Nöö, beunruhigt mich nicht. Womöglich unterschätzen Sie auch die Amerikaner. Es geht ein Riss durch das Land. Ich glaube, dass viele es inzwischen so sehen wie ich: Noch eine Legislaturperiode von Bush wird die Welt nicht tragen können. Diese Regierung hat Al Gore um die Wahl betrogen. Seitdem ist sie in sämtlichen Angelegenheiten entweder total verlogen - oder total ignorant.

SZ: Die Regierung in Washington hat einen ganzen Apparat in Bewegung gesetzt, erst um den Film möglichst effektiv zu ignorieren, und dann, als das nicht gelang: um ihn madig zu machen.

Emmerich: Ja, dieses Verhalten zahlt sich jetzt für mich aus. Außerdem muss ich mich bei der Regierung Bush für die "Pentagon-Studie" bedanken, die unmissverständlich klarmacht, was uns niederraffen wird, falls der wahnwitzige "Krieg gegen den Terrorismus" mal gewonnen werden würde: das Klima. Und die Amerikaner produzieren 25 Prozent des Treibhausgases CO2. Die Regierung weigert sich, das anzuerkennen. Sie macht mir Angst.

SZ: Neigen Sie zur Angst?

Emmerich: Ja, zugegeben.

SZ: Schon als Kind?

Emmerich: Ja. Bei Gewitter und so weiter. Wetterphänomene haben mich stets finster fasziniert, sie spielen in meinen Filmen ja auch immer wieder eine Rolle. Aber das mit der Angst geht bis ins Kleinste: Wenn ich einen Tierfilm schaue, und sehe, wie da Löwen ihre Beute jagen, schalte ich um. Kann ich nicht sehen.

SZ: Andererseits sind Sie offenbar ein mutiger Mann. Sonst hätten Sie nicht einen so unversch> ämten Film gemacht.

Emmerich: Ich habe halt versucht, Hollywood auszutricksen. Und das ist mir gelungen.

SZ: Wie bitte?

Emmerich: Die Story stammt von mir, das Drehbuch, die Rechte, alles. Wir haben das dann an die Studios geschickt und gedacht: mal schauen, was passiert. Die Studios sahen das filmische Potenzial einer solchen Geschichte, die sahen also im Kopf die Bilder, die sahen, um es klar zu sagen: Emmerich dreht wieder eine Art "Independence Day". Die Studios sind auf so Sicherheiten recht fixiert - was recht lustig ist. Was sie nicht sahen, war die Subversion in der Geschichte. Die Fox in den USA hat, glaube ich, erst nach Vertragsabschluss das Drehbuch zum zweiten und dritten Mal gelesen. Dann wurden Fragen gestellt.

SZ: Was für Fragen?

Emmerich: Ob man gegen die Klimakatastrophe in dem Film nicht was tun könne.

SZ: Strom sparen!

Emmerich: Ja, das war natürlich nicht ...

SZ: Ah, es sollte jemand kommen und die Katastrophe verhindern.

Emmerich: Ja. Ein Held halt! Wie in "Independence Day". Ich habe gesagt: Tut mir leid, ihr Lieben, das ist bei einer Invasion von Außerirdischen möglich - nicht aber bei einer Klimakatastrophe.

SZ: Wie nett aber doch: dieses amerikanische Urvertrauen in einen Helden, der am Ende alles in Ordnung bringt.

Emmerich: Ja, klar! Aber ich meine, so geht es bei der Klimakatastrophe nicht. Sie würden nicht für möglich halten, was wir uns in den Studios anhören mussten.

SZ: Wie läuft sowas ab? Sie sind da hingefahren, haben das Drehbuch gezeigt ...

Emmerich: ... und die machen dann ihre notes. Es kam dann immer wieder die Frage nach dem einen Helden. Oder die nach einer Laserkanone, die von dem einen Helden bedient wird.

SZ: Eine große Laserkanone, die das Klima reguliert? Nein!

Emmerich: Doch, und die möglichst von Bruce Willis installiert wird ... Verstehen Sie?

SZ: ...

Emmerich: Na, jetzt schweigen Sie und staunen!

SZ: Bruce Against The Weather?

Emmerich: Eben so!

SZ: Toll!

Emmerich: Geht so. Aber in jedem Fall spaßig. Wir sind auf dem Rückweg von den Studios im Auto gesessen und haben uns den Bauch gehalten vor Lachen. Aber selbst mein eigener Agent sagte in einem fort: "Roland, it´s such a great story. But you really neeeed a happy end!" Absurd!

SZ: Da war der Wunsch da, den Weltuntergang zu verhindern. Ich finde das ja so wahnsinnig rührend! Hat man Sie gedrängt, das Drehbuch umzuschreiben?

Emmerich: Das ging in der Konsequenz ja nicht. Wir haben schlauerweise alles im Paket verkauft: das Drehbuch, das Budget, dass der letzte cut ein director´s cut ist, alles war für das Studio am Ende bindend. Natürlich gab es trotzdem noch Versuche, ob man an der Story nicht noch was ändern könne: "Äh, nun ja, müssen denn am Ende unbedingt alle Amerikaner illegal nach Mexiko fliehen?" In der Art.

SZ: Und dann?

Emmerich: Ich habe gesagt, dass da nix geändert wird. Und das Tolle war, dass die Fox am Ende meinte: "Also gut, wir vertrauen Dir, mach Deinen Film!"

SZ: Was ja auch wieder sehr amerikanisch ist, dieses Vertrauen in einen Kerl, dem man nun mal das Wort gegeben hat.

Emmerich: Die haben sich großartig verhalten. Es ist ja nicht so, dass ich deren Bedenken nicht verstehen könnte. Der Film ist ein Risiko. Ich habe gestern meine Mutter hier von Berlin aus angerufen und gesagt: "Mama, hoffentlich lassen die mich wieder nach Amerika einreisen."

SZ: Die Regierung ist enttäuscht. Man hielt Sie bisher für einen Deutschen, der ein amerikanischer Patriot geworden ist.

Emmerich: Ja. Ein Missverständnis. Das Thema "Emmerich und die Politik" war schon ein Missverständnis, als ich noch in München auf die Filmhochschule ging. Mein Vater war Unternehmer. Und ich wollte immer Filme machen, die von vielen Leuten gesehen werden. Damit war damals klar: Der Emmerich wählt die CDU.>

SZ: Was haben Sie denn gewählt?

Emmerich: Irgendwie immer die Grünen.

SZ: Wählen Sie die immer noch?

Emmerich: Jaja. Per Dings, per Briefwahl.

SZ: Wissen Sie noch, was bei uns los ist? Sie leben seit 14 Jahren in den USA.

Emmerich: Auch in Los Angeles erhalten Sie den Spiegel, wenn Sie wollen.

SZ: In "Independence Day" steigt der Präsident am Ende selbst in den Kampfflieger, um dabei zu helfen, die Aliens abzuschießen. Patriotischer geht´s nicht.

Emmerich: Es ging in dem Film nicht um Patriotismus! Es ging nicht mal in "The Patriot" um Patriotismus. In "The Patriot" habe ich die Amerikaner als jene underdogs gezeigt, die sie mal waren. In "Independence Day" ging es darum, einen Afroamerican-Jewish guy und einen white guy im Kampf gegen die Außerirdischen zusammen zu spannen, es ging um die Utopie, dass zwei solche Typen die Welt retten - lange bevor der Präsident ihnen folgt. Das war die eigentliche Geschichte. Die Filme sind falsch verstanden worden.

SZ: Nun wollen Sie mit dem Weltuntergang jedes Missverständnis ausräumen?

Emmerich: Ja.

SZ: War das ein direkter Antrieb: zu zeigen, wo Sie politisch stehen?

Emmerich: Ja. Absolut sogar.

SZ: Könnte man Sie als einen naiven Linken bezeichnen?

Emmerich: Vielleicht. Ja. Wobei ...

SZ: Wobei?

Emmerich: Ich bin nicht so naiv wie meine Filme. Meine Filme sind in gewisser Hinsicht sehr naiv. Was nur sinnvoll ist.

SZ: Warum?

Emmerich: Weil die Filme ihr Publikum erreichen müssen. Ein Film, der 125 Millionen Dollar gekostet hat - wie "The Day After Tomorrow" - sollte in den USA 150 Millionen Dollar einspielen. Das erreichst du nicht mit einer total vertrackten Geschichte. Schon gar nicht in den USA, wo das Kinopublikum sehr jung ist.

SZ: Offenbar haben junge Menschen - wenn wir den Erfolg Ihrer bisherigen Filme zum Maßstab nehmen - ein Faible für den Weltuntergang ...

Emmerich: Um ehrlich zu sein, ich wollte nach "Independence Day" die Welt nicht nochmal untergehen lassen. Dann las ich das Buch "The Coming Global Superstorm" von Art Bell und Whitley Strieber. Das Buch ist einerseits ein Sachbuch. Es werden detailliert die Gründe für die Klimakatastrophe beschrieben. Andererseits spinnen die Autoren dann im positiven Sinne herum: Indem sie die Auswirkungen der Katastrophe in einem großen Sturmszenario aufgehen lassen.

SZ: Praktisch.

Emmerich: Gewissermaßen. Diese Verdichtung setzt bei einem Regisseur, der auf Bilder angewiesen ist, natürlich Enthusiasmus frei. Also habe ich die Rechte an dem Buch gekauft. Das Buch ist die Vorlage zum Drehbuch geworden. Und bisher hat mir noch jeder Klimaforscher bestätigt, dass mein Film die Katastrophe künstlerisch verdichtet, dass das Szenario aber insgesamt wissenschaftlich auf einem seriösen Fundament steht.

SZ: Ihr Film ist auch überraschend komisch. Einer der drei Engländer in der Wetterbeobachtungsstation stößt - kurz bevor der Strom ausfällt - noch auf "Manchester United" an. Andererseits: Findet sich in Bells und Striebers Buch auch die Szene, dass die jungen Leute in Manhattan Bücher verbrennen, um nicht zu erfrieren?

Emmerich: So ist es!

SZ: Eine heikle Szene für einen deutschen Regisseur. Man wird sagen: Jetzt kommt der Arsch aus Deutschland nach Manhattan und verbrennt Bücher.

Emmerich: Das weiß ich. Und es ist mir egal. Die Szene ist wichtig für den Film.

SZ: Kommen wir nochmal auf Ihre Naivität zu sprechen. Auch in diesen Film haben Sie eine zarte Liebesgeschichte eingewoben. Frappierender ist: Der Vize-Präsident lernt aus seinen Fehlern.

Emmerich: Mal abgesehen davon, dass wir über diese Szene in der Crew so lange diskutiert haben wie über keine andere: Warum denn eigentlich nicht?

SZ: Weil diese Leute aus Fehlern nicht lernen. Cheney selbst ist ein gutes Beispiel. Nach dem Weltuntergang würde er alles den Demokraten in die Schuhe schieben.

Emmerich: Womöglich, aber Sie reden hier mit einem Filmregisseur, nicht mit einem Verfasser politischer Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Und wieso soll selbst ein Hardliner nach einem solchen Erlebnis nicht weicher werden?

SZ: Ist das private Happy End nach dem Weltuntergang in Ihrem Film naiv oder berechnend? Oder beides?

Emmerich: Mmh, ich bin in jedem Fall eine eher naive Person, und auch eine Person, die beständig, nun ja: Utopien hinterher jagt. Ich habe das in vielen Filmen bewiesen - wie mir gerade klar wird.

SZ: Am Ende Ihres Films gibt es eine Art "Arche Noah Prinzip" - da schließt sich der Kreis zu Ihrem ersten großen Film, den Sie vor 20 Jahren gedreht haben.

Emmerich: Ein wenig, ja, und auch das war so nicht geplant. Aber daran sehen Sie womöglich auch: Ich funktioniere nicht so, weil Hollywood es von mir verlangt. Ich funktioniere in Hollywood, weil ich seit jeher so bin. Ich hatte und habe stets die Sehnsucht nach einem guten Ende. So bin ich immer gewesen. Ich wollte jetzt, dass der Film wissenschaftlich nicht als Irrläufer daherkommt. Und ich wollte, dass er moralisch eine Möglichkeitsform anbietet - die sicher eine Utopie ist, ja.

SZ: In der Kürze: Sehr großes Krawumm, und am Ende doch Tränen des Glücks.

Emmerich: Sehr in der Kürze, ja. Sehr in der Kürze!

SZ: Mal unter uns, Herr Emmerich, wir sagen es einfach keinem weiter: So eine Flutwelle, die einen Tanker bis nach Manhattan reinträgt, die ist ja auch irgendwie ...

Emmerich: ... nur zu!

SZ: Die ist ja auch richtig geil! Oder?

Emmerich: Ha! Hören Sie! Ich bin Filmregisseur. Natürlich könnte man die Lust beim Filmen solcher Bilder mit, äh, einer gewissen Form von Geilheit vergleichen. Ja.

SZ: Ist ja auch kein Grund, sich zu schämen.

Emmerich: Nein, aber letzten Endes durften diese Bilder den Inhalt des Films nicht erschlagen. Darum ging es mir. Der Film hat eine Botschaft. Er richtet sich gegen eine regierungsgesteuerte Ignoranz.

SZ: Hassen Sie diese Regierung?

Emmerich: Ich finde sie schlimm. Sehr schlimm.

SZ: Sie haben Amerika viel zu verdanken.

Emmerich: Richtig. Aber nicht dieser Regierung.

SZ: Überlegen Sie, Amerika zu verlassen?

Emmerich: Wenn Bush im Herbst die Wahl gewinnen sollte, dann wird es sicher Zeit, Amerika zu verlassen.

SZ: Wo drehen Sie dann Ihre teuren Filme?

Emmerich: Ich muss nicht in Amerika wohnen, um mit dem Geld von Amerikanern Filme zu drehen. Abgesehen davon werden meine nächsten beiden Filme kleiner werden, komplizierter - und lange nicht so teuer.

SZ: Wird "The Day After Tomorrow" einen Einfluss auf die US-Präsidenten-Wahl im Herbst haben?

Emmerich: Vor ein paar Monaten hätte ich diese Frage mit "Nein" beantwortet. Ich hätte schon die Frage für anmaßend gehalten.

SZ: Und jetzt?

Emmerich: Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Das Kino ist - natürlich neben MTV - das mächtigste Medium in den USA. Auch deshalb hat die Regierung in diesen Wochen so eine Panik vor dem Film.

SZ: Wo gehen Sie hin, wenn Sie die USA verlassen, nach Ihrem persönlichen Weltuntergang sozusagen?

Emmerich: Ich habe ein Haus in London und in ...

SZ: ... in London regiert Tony Blair, da kommen Sie vom Regen in die Traufe.

Emmerich: Mmh ... da haben Sie Recht.

SZ: Aber ich habe Sie unterbrochen. Sie haben noch ein Haus. In Deutschland?

Emmerich: Nein, ich gehe sehr sicher nicht zurück nach Deutschland.

SZ: Also, wo steht das Haus?

Emmerich: In Mexiko.
 

Roland Emmerich wurde 1955 in Stuttgart geboren und lebt seit 1990 in Kalifornien. Noch an der Münchner Filmhochschule drehte er "Das Arche Noah Prinzip" (1983) - über eine Raumstation, von der aus das Wetter manipuliert wird. In Deutschland wurde Emmerich damals als "Spielbergle von Sindelfingen" verspottet und mit Verrissen übersät. Den Stuttgarter Nachrichten sagte er 1992, er sch> ätze nun mal das "Sommer-Popcorn-Kino mehr als die Winter-Oscar-Filme". Hollywood wurde hingegen schon früh auf Emmerichs naive Erzählart und seine außerordentliche Begabung für raumgreifende Bilder und visuelle Effekte aufmerksam. Sämtliche Publikums-Rekorde brach Emmerich 1995 mit "Independence Day". Der Film erzielte in der ersten Woche 110 Millionen Dollar Einnahmen an den Kinokassen - mehr als der bisherige Rekordhalter "Jurassic Park" (1993).

Quelle/Text: (link:http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/407/32375/)http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/407/32375/
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Sehr geehrter Herr Weyrich,

Die Pressestelle des AWI hat mich gebeten, Ihre Frage bzgl. Golfstrom und ozeanischem Suesswassergehalt zu beantworten.

Der Golfstrom wird durch Wind und Dichteunterschiede angetrieben. Die relevanten Dichteunterschiede kommen zum einen durch den meridionalen Temperaturgradienten zustande, zum anderen gibt es auch meridionale Unterschiede im Salzgehalt. Der Temperaturgradient hat dabei eine antreibende Wirkung, der Salzgehaltsgradient bremst zur Zeit den Golfstrom ab. Wird der Salzgehalt im noerdlichen Atlantik geringer, z.B. durch vermehrten Niederschlag, vermehrtes Schmelzen des Groenlaendischen Eisschilds oder durch vermehrten Einstrom salzarmen Wasser aus dem Nordpolarmeer, dann erhoeht sich die abbremsende Wirkung des Salzgehaltsgradienten. Daher besteht die Moeglichkeit, dass der Golfstrom sich abschwaecht. In Klimasimulationen fuer moegliche zukuenftige Entwicklungen ist das auch durchweg der Fall. Allerdings ist ein voelliger Zusammenbruch sehr unwahrscheinlich, da auch der Wind einen erheblichen Anteil zum Antrieb des Golfstroms leistet.

Beobachtungen zeigen in den letzten Jahrzehnten eher eine Zunahme des Golfstroms als eine Abnahme. Diese zunaechst ueberraschende Tatsache haengt mit der sich ueber diesen Zeitraum verstaerkenden
Nordatlantischen Oszillation (NAO) zusammen. Im Zuge dieser Entwicklung haben sich sowohl das Islandtief als auch das Azorenhoch verstaerkt.
Dies hat eine direkte verstaerkende Wirkung auf den Golfstrom. Wichtiger ist vielleicht noch, dass mit der zunehmenden Staerke der NAO starke und kalte Winde ueber der Labradorsee verbunden sind. Dadurch
verliert der Ozean dort sehr viel Waerme an die Atmosphaere und es kommt zu einer tiefen vertikalen Vermischung infolge statischer Instabilitaet.
Damit wird salzarmes Wasser polaren Ursprungs in die Tiefe gemischt und der meridionale Salzgehaltsgradient reduziert. Dies fuehrt ebenfalls zu einer Verstaerkung des Golfstroms.

Wie sich diese beiden widerstreitenden Einfluesse, vermehrte Suesswasserzufuhr und NAO, in Zukunft auf den Golfstrom auswirken werden, ist nicht voellig klar. Klimasimulationen zufolge nimmt die Staerke der NAO infolge der Treibhausgase ebenso wie der Suesswassereintrag in den noerdlichen Nordatlantik zu. Einige Simulationen sagen voraus, dass die NAO fuer eine Verzoegerung der sonst zu erwartenden Abschwaechung des Golfstroms um mehrere Jahrzehnte sorgen wird.

Beste Gruesse,

    Ruediger Gerdes

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Dr. Ingrid Zondervan
Stiftung Alfred-Wegener-Institut fuer Polar-und Meeresforschung
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